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Blogreihe: EPU und Kleinstunternehmen in der Corona-Krise

In der österreichischen marktorientierten Wirtschaft[1] gibt es gemäß der Leistungs- und Strukturstatistik der Statistik Austria knapp 300.000 Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeiter*innen.[2] Diese Unternehmen erwirtschaften mit knapp 40 Mrd. Euro ein Fünftel der Bruttowertschöpfung und sorgen mit über 720.000 selbständig und unselbständig Erwerbstätigen für knapp ein Viertel der Beschäftigung. Auch die zahlreichen und sehr heterogenen Ein-Personen-Unternehmen (EPU) leisten dazu einen signifikanten Beitrag. Im Kalenderjahr 2016 haben 120.00 EPU der marktorientierten Wirtschaft zusammen Umsätze von 26,7 Mrd. Euro und eine Bruttowertschöpfung von acht Mrd. Euro erzielt (jeweils knapp 4% der heimischen marktorientierten Bruttowertschöpfung).[3] Hinzu kommen zahlreiche EPU (und Kleinstunternehmen), die nicht der marktorientierten Wirtschaft zugerechnet werden,  etwa in den Bereichen Kunst und Unterhaltung sowie im Gesundheitsbereich.

EPU und Kleinstunternehmen sind in allen Wirtschaftsbranchen anzutreffen, vorrangig jedoch im Dienstleistungssektor und im Handel. Diese beiden Branchen wurden durch die Corona-bedingten Zugangs- und Bewegungseinschränkungen sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. Zudem verfügen EPU und Kleinstunternehmen im Schnitt über eine vergleichsweise geringe Eigenkapitalausstattung,[4] was gerade in Krisenzeiten den Zugang zu Fremdkapital wie etwa Überbrückungskrediten erschwert. Es ist daher naheliegend, dass viele EPU und Kleinstunternehmen (noch) härter von der Corona-Krise getroffen werden als größere Unternehmen.  

Auch wenn jedes EPU und Kleinstunternehmen[5] für sich genommen volkswirtschaftlich unbedeutend erscheinen mag, so stellt die Gruppe dieser Unternehmen aufgrund ihrer hohen Beschäftigungswirkung und ihrer Wertschöpfung eine durchaus makroökonomisch relevante Größe dar. Vor diesem Hintergrund ist datenbasiertes Wissen über die wirtschaftliche Betroffenheit der EPU und Kleinstunternehmer*innen zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung wichtig. Um einen Beitrag zur Schaffung dieses Wissen zu leisten, haben wir im Rahmen unserer volkswirtschaftlichen Forschung zur Corona-Krise in den letzten Wochen vorrangig diese Unternehmen zu ihrer derzeitigen wirtschaftlichen Situation, ihren Zukunftserwartungen und ihren Erfahrungen mit staatlichen Hilfsmaßnahmen befragt. Die Ergebnisse werden im Rahmen mehrerer Blog-Beiträge der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

 

Assoz. Prof. Dr. Paul Pichler, Univ. Prof. Philipp Schmidt-Dengler, Ph.D, und Univ. Prof. Dr. Christine Zulehner - Institut für Volkswirtschaftslehre, Universität Wien 

Fußnoten

[1] Der Begriff der „marktorientierte Wirtschaft“ umfasst viele, aber nicht alle, Wirtschaftsbereiche. Nicht inkludiert sind etwa die Land- und Forstwirtschaft, Öffentliche Verwaltung, Erziehung, Gesundheits- und Sozialwesen, Kunst, Unterhaltung und Erholung.

[2] Quelle: Leistungs- und Strukturstatistik 2017, Statistik Austria.

[3] Quelle: Mittelstandsbericht 2018, Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW).

[4] Im Bilanzjahr 2016/17 lag die Eigenkapitalquote bei Kleinstunternehmen (exkl. EPU) im Schnitt bei 25%, während mittlere Betriebe im Schnitt über 35% Eigenkapitalquote verfügten (Mittelstandsbericht 2018). Erschwerend hinzu kommt außerdem, dass knapp ein Viertel der Klein- und Mittelbetriebe in Österreich über ein negatives Eigenkapital verfügt (KMU im Fokus 2019, BMDW). Trotz staatlicher Garantieprogramme werden die meisten dieser Unternehmen keinen Zugang zu Überbrückungskrediten haben.

[5] Eine exakte Definition des Begriffs „Kleinstunternehmen“ existiert nicht. Wir verwenden diesen Begriff für Unternehmen mit eins bis neun Mitarbeiter*innen, um eine klare Unterscheidung von EPU zu ermöglichen.