Blogreihe: EPU und Kleinstunternehmen in der Corona-Krise

Econ Blog 2 - EPU und Kleinstunternehmer*innen: Scharfe Kritik am Corona-Hilfspaket

Zusammenfassung
  • Wir präsentieren Ergebnisse  aus zwei Online-Umfragen unter Ein-Personen-Unternehmer*innen (EPU) und Kleinstunternehmer*innen,[1] die zu ihrer wirtschaftlichen Situation in der Corona-Krise und zu ihrer Zufriedenheit mit dem staatlichen Corona-Hilfspaket befragt wurden.
  • Nur 2% der teilnehmenden EPU und 3% der Kleinstunternehmer*innen beurteilen ihre persönliche finanzielle Unterstützung durch das Hilfspaket mit der Note "Sehr gut". Der Großteil der Teilnehmer*innen (56% der EPU und 49% der Kleinstunternehmer*innen) beurteilt diese Unterstützung mit "Nicht genügend".
  • Besonders unzufrieden sind die teilnehmenden Unternehmer*innen mit dem Härtefall-Fonds (Phase 2). Knapp zwei Drittel beurteilen dieses Instrument mit der Note "Nicht genügend".
  • Im Durchschnitt haben die teilnehmenden Unternehmer*innen 10 Stunden Zeit investiert, um sich über das Corona-Hilfspaket zu informieren. Jede* sechste Teilnehmer*in hat laut eigenen Angaben mehr als 30 Stunden dafür aufgewendet.
  • Mehr als drei Viertel der teilnehmenden Unternehmer*innen schätzen das eigene Wissen über die für sie relevanten Bestimmungen des Corona-Hilfspakets als ausgezeichnet, sehr gut oder gut ein. Die Bereitstellung öffentlicher Informationen über das Corona-Hilfspaket beurteilt ein Viertel der Teilnehmer*innen mit "Sehr gut" oder "Gut", ebenso viele mit "Nicht genügend".

Im Rahmen der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung zur Corona-Krise am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Wien werden seit Mitte April Ein-Personen-Unternehmer*innen und Kleinstunternehmer*innen zu ihrer derzeitigen wirtschaftlichen Situation und den Corona-Hilfsmaßnahmen mittels Online-Surveys[2] befragt. In diesem Blog-Beitrag diskutieren wir die Beurteilung des "Corona-Hilfspakets" der Bundesregierung durch die teilnehmenden Unternehmer*innen.

Unsere Ergebnisse basieren auf zwei Online-Umfragen, die zwischen 15. April und 24. April bzw. zwischen 30. April und 5. Mai 2020 durchgeführt wurden. In der ersten Umfrage[3] wurden Unternehmer*innen unter anderem gebeten, das Corona-Hilfspaket der Bundesregierung in seiner Gesamtheit zu beurteilen. In der zweiten Umfrage wurden Unternehmer*innen gezielt nach ihrer Beurteilung des Corona Härtefall-Fonds befragt.[4]

Abbildung 1 illustriert die Antworten der Unternehmer*innen auf die Frage "Mit welcher Schulnote würden Sie Ihre finanzielle Unterstützung durch das Corona-Hilfspaket beurteilen?". Nur zwei Prozent der befragten EPU und knapp drei Prozent der befragten Kleinstunternehmer*innen vergeben bei dieser Frage die Note "Sehr gut", jeweils neun Prozent die Note "Gut". Am anderen Ende des Bewertungsspektrums beurteilen 56% der EPU und 49% der Kleinstunternehmer*innen ihre finanzielle Unterstützung als "Nicht genügend".

Die Benotung des Corona-Hilfspakets durch EPU fällt tendenziell etwas schlechter aus als durch Kleinstunternehmer*innen. Dieser Unterschied scheint darin begründet zu sein, dass denjenigen Unternehmer*innen, die unselbständig Erwerbstätige beschäftigen, ein attraktives Unterstützungsinstrument zur Verfügung steht, von dem EPU nicht profitieren können: die Corona-Kurzarbeit. Der folgende Vergleich unterstützt diese Interpretation qualitativ: Kleinstunternehmer*innen, deren Antrag auf Kurzarbeit entweder abgelehnt wurde oder die keinen Antrag gestellt haben, beurteilen das Maßnahmenpaket ähnlich kritisch wie EPU (53% vergeben die Note "Nicht genügend").  Diejenigen Kleinstunternehmer*innen, deren Kurzarbeitsantrag bewilligt wurde oder noch in Bearbeitung ist, vergeben eine negative Beurteilung deutlich seltener (43%).

Abbildung 1. Beurteilung des Corona-Hilfspakets. Fragestellung: „Mit welcher Schulnote würden Sie Ihre finanzielle Unterstützung durch das "Corona-Hilfspaket" beurteilen?“. Befragungszeitraum 15. April bis 24. April 2020. N=564.

Besonders unzufrieden sind Unternehmer*innen mit dem Härtefall-Fonds (Phase 2).[5] Abbildung 2 veranschaulicht die Bewertung dieses Instruments durch die teilnehmenden Unternehmer*innen. Es ist ersichtlich, dass EPU und Kleinstunternehmer*innen dem Härtefall-Fonds gleichermaßen kritisch gegenüberstehen: es gibt keine signifikanten Unterschiede in der Beurteilung zwischen diesen beiden Gruppen. In Summe beurteilen nur 0,3% der Teilnehmer*innen den Härtefall-Fonds mit der Note "Sehr gut". Knapp 2% der Teilnehmer*innen vergeben die Note "Gut", 7% die Note "Befriedigend", und 22% die Note "Genügend". Die große Mehrheit der Teilnehmer*innen beurteilt den Härtefall-Fonds mit der Note "Nicht genügend": 63% der teilnehmenden EPU und 66% der teilnehmenden Kleinstunternehmer*innen vergeben diese Note.

Abbildung 2. Beurteilung des Härtefall-Fonds. Fragestellung: „Mit welcher Schulnote würden Sie die Phase 2 des Härtefallfonds beurteilen?“. Befragungszeitraum 30. April bis 5. Mai 2020. N=1.176.

Vergleichsweise zufrieden zeigen sich die Unternehmer*innen mit der Verfügbarkeit und Verständlichkeit von Informationen über das Corona-Hilfspaket. Abbildung 3 zeigt, dass knapp ein Viertel der Teilnehmer*innen diese mit "Sehr gut" oder "Gut" beurteilt, jeweils etwa ein weiteres Viertel mit "Befriedigend", "Genügend" und "Nicht genügend". Über 90% der Teilnehmer*innen geben an, die offiziellen Internetauftritte öffentlicher Institutionen (Ministerien, Wirtschaftskammer, etc.) genutzt zu haben, um sich über das Corona-Hilfspaket zu informieren. Jeweils knapp 60% nutzten klassische Medien (Radio, TV, Tageszeitungen), soziale Medien bzw. Steuerberater*innen als Informationsquelle.

Abbildung 3. Beurteilung der Information über das Corona-Hilfspaket. Fragestellung: „Mit welcher Schulnote würden Sie die Verfügbarkeit und Verständlichkeit der bereitgestellten Informationen über das "Corona-Hilfspaket" beurteilen?“. Befragungszeitraum 15. April bis 24. April 2020. N=564.

Im Schnitt haben die teilnehmenden Unternehmer*innen zehn Stunden Zeit aufgewendet, um sich über das Corona-Hilfspaket zu informieren.[6] Etwas mehr als 15% geben an, mehr als 30 Stunden ihrer Zeit investiert zu haben. Dieser Zeitaufwand dürfte sich, zumindest was das eigene Wissen um die Hilfsmaßnahmen betrifft, für die meisten gelohnt haben (siehe Abbildung 4).  Drei von zehn Teilnehmer*innen schätzen ihr eigenes Wissen über die für sie relevanten Bestimmungen als "ausgezeichnet" oder "sehr gut" ein, in etwa jede* zweite Teilnehmer*in als "gut". Nur knapp 20% beurteilen ihr persönliches Wissen als "weniger gut" oder "nicht gut".

Abbildung 4. Subjektive Einschätzung des eigenen Wissens über das Corona-Hilfspaket. Fragestellung: „Wie schätzen Sie selbst Ihr Wissen über die für Sie relevanten Bestimmungen des "Corona-Hilfspakets" ein?“. Befragungszeitraum 15. April bis 24. April 2020. N=564.

Schlussfolgerungen

Die an unseren Umfragen teilnehmenden österreichischen EPU und Kleinstunternehmer*innen stehen dem Corona-Hilfspaket der Bundesregierung mehrheitlich sehr kritisch gegenüber. Insbesondere das Instrument des Härtefall-Fonds wird von der großen Mehrheit der Teilnehmer*innen mit "Nicht genügend" beurteilt. Vergleichsweise zufrieden sind die Unternehmer*innen mit der Verfügbarkeit und Verständlichkeit der Informationen über das Corona-Hilfspaket.

In unserem nächsten Blog-Beitrag (geplant für den 12. Mai 2020) werden wir mögliche Gründe für die große Unzufriedenheit der EPU und Kleinstunternehmer*innen mit dem Corona-Hilfspaket aufzeigen und diskutieren.

Fussnoten

[1] Als Kleinstunternehmen gelten in unserer Auswertung Unternehmen mit eins bis neun Mitarbeitern.

[2] Bei unseren Online-Befragungen handelt es sich nicht um repräsentative Erhebungen der Grundgesamtheit aller österreichischen EPU und Kleinstunternehmer*innen. Unsere Ergebnisse lassen sich daher nicht unmittelbar auf diese Grundgesamtheit umlegen. Vor dem Hintergrund der wirtschaftspolitischen Zielrichtung, dass "niemand zurückgelassen wird", liefern unsere Umfragen dennoch wichtige Informationen zur Effektivität der Unterstützungsmaßnahmen und zur Identifikation möglichen Verbesserungsbedarfs. 

[3] Details zu dieser Umfrage sind in unserem ersten Blog-Beitrag verfügbar.

[4] Da der Start der Phase 2 des Härtefall-Fonds am 20. April erfolgte und somit mitten im Befragungszeitraum der ersten Umfrage liegt, wurde eine weitere Umfrage erforderlich, um die Beurteilung dieses Instruments durch betroffene Unternehmen zu erfragen. An dieser Umfrage haben 1.176 Unternehmen (925 davon EPU) teilgenommen.

[5] Dieses Instrument hat zum Ziel, EPU und Kleinstunternehmer*innen einen großen Teil ihres Corona-bedingten Nettoeinkommensverlustes zu ersetzen.

[6] Aufgrund von wenigen einzelnen Teilnehmer*innen, die eine sehr hohe Zeitinvestition angeben (ev. bedingt durch Tippfehler), wird der Median anstatt des arithmetischen Mittels als Mittelwertkonzept verwendet.


Paul Pichler ist assoziierter Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Wien.
Philipp Schmidt-Dengler ist Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Wien.
Christine Zulehner ist Professorin am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Wien.